Außergewöhnliches Hobby: Jugendliche spielen Jagdhorn
Fünf verschiedene Töne lässt das Jadhorn zu. Die allerdings haben es in sich - und setzen intensive Übungen voraus. Erst mit viel Geduld und Spucke lassen sich bei den Fortgeschrittenen dann nicht nur Jagdsignale, sondern auch einfache Melodien spielen. 
Foto: Hille
Einmal, zwei Mal, drei Mal setzt Emilia das Mundstück des Jagdhorns an, um Töne aus ihm herauszupressen. Erst dann ist die 15-Jährige aus Samern halbwegs zufrieden. „Wenn die Lippen nicht geschmeidig sind, wird das nichts“, redet ihr Klaus Neesen, Obmann der Jagdhornbläser im Hegering Schüttorf, beruhigend zu. Fünf Töne sind es, die das Pleßhorn erzeugen kann. Fünf Töne, die in erster Linie als Jagdzeichen gebraucht werden und mit denen die Waidmänner sich untereinander verständigen und informieren. „Das hört sich wenig und somit recht einfach zu erlernen an. Dahinter steckt allerdings mehr Übung als man denkt“, weiß Neesen. Kulturgut in Smartphonezeiten. Dem stimmt auch Emilia zu. Seit drei Jahren ist sie Mitglied der Bläsergruppe, engagiert sich seitdem in Smartphonezeiten auf das Bewahren von altem Kulturgut. „Ich komme aus einer Jägerfamilie“, erklärt der Teenager sein Faible für diese besondere musikalische Prägung. „Meine Eltern und Großeltern sind Jäger und ich selbst habe als Reiterin schon an so mancher Fuchsjagd teilgenommen. Leider fanden die Reiterwettbewerbe dort immer ohne Bläser statt. Deshalb hatten meine Cousine und ich damals gesagt: Warum sollen wir uns dafür nicht zur Verfügung stellen“, erklärt sie ihre Beweggründe. Während ihre Mitstreiterin aufgrund ihres Studiums inzwischen wieder aus der Gruppe ausgestiegen ist, gibt es aber „in der Klasse noch zwei weitere Interessenten, die einsteigen wollen“.
„Dass junge Menschen Spaß am Jagdhornblasen haben, ist leider nicht mehr selbstverständlich“, bedauert Obmann Klaus Neesen. Allerdings sei seine Gruppe mit 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Region gut aufgestellt. „Die jüngste Spielerin zählt 15 Lenze, der älteste ist über 80. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren“, bemüht Neesen ein wenig die Statistik. Einmal in der Woche trifft sich die Gruppe unter der Regie von Übungsleiter Hermann Sundag zum gemeinsamen Spiel, ansonsten ist auch jeder daheim im eigenen Kämmerlein gefragt.
Üben, üben, üben. Der 19-jährige Jason, gerade zwei Monate mit am Start, nutzt speziell die häusliche Ruhe, um sich mit dem Jagdhorn vertraut zu machen. „Drei Töne bekomme ich schon hin“, grinst der angehende Zimmermann. Anfangs, so berichtet er, hätten seine Lippen nach den Proben schon sehr gekribbelt. „Sie müssen sich erst an das Mundstück gewöhnen. Die Luft muss gezielt in die Öffnung geblasen werden. Das ist zunächst das Schwierigste“, klärt Neesen auf. Während Emilia noch mit einer jagdlichen Ausbildung liebäugelt, hat Jason seinen Jagdschein vor dem Beitritt zur Bläsergruppe bereits gemacht. „Mein Vater hat mich dann ein wenig in die musikalische Richtung gebracht. Ich habe die Bläser bei den Jagden wohl immer gehört, die Jagdhütte liegt nicht weit von unserem Haus entfernt. Irgendwann dachte ich: Probiere ich‘s halt mal“, sagt der junge Mann. In den Freundeskreisen ist das Jagdhornblasen übrigens für beide kein Thema. „Da spricht man nicht wirklich drüber“, meint Emilia. Aber viele ihrer Klassenkameradinnen seien Mitglied im Spielmannszug: „Und das ist ja auch Tradition.“ Instrument dient zur Verständigung. Ursprünglich benutzten die Jäger zur Verständigung untereinander ein Tierhorn. Das wurde Anfang des 19. Jahrhunderts durch das metallene Fürst-Pleßhorn, benannt nach dem Oberjägermeister Fürst von Pleß, ersetzt. Mit ihm können fünf Töne erzeugt werden, die nicht nur als Jagdsignale dienen, anhand derer man sogar kleine Melodien gestalten kann. Mit den Jagdleitsignalen, so erläutert Klaus Neesen, Obmann der Bläsergruppe im Hegering Schüttorf, werden „die Jäger geführt. Die Signale verraten ihnen, ob sie beispielsweise stehenbleiben oder weitergehen sollen. Oder es ertönt ‚der Hahn in Ruh‘. Heißt übersetzt: Der Finger sollte vom Abzug des Gewehres genommen werden. Heute wird zwar für derartige Mitteilungen auch schon das Funkgerät oder das Handy eingesetzt, dennoch bleibt das Jagdhorn für diese Zwecke aktuell.“
Der Hahn in Ruh. Eine weitere Aufgabe, die die Bläser übernehmen, ist das Verkünden der Totsignale. „Für jede Tierart gibt es ein eigenes Signal. Wir reden davon, dass nach Abschluss der Jagd die Strecke verblasen wird. Zu Ehren jedes erlegten Tieres und zur Würdigung der Kreatur wird ein Ton geblasen.“ Daneben widmet sich die musikalische Gruppe durch Auftritte bei Feiern und Veranstaltung dem Erhalt der Tradition. Da geht es dann weniger um Signalzeichen als vielmehr um Unterhaltung beispielsweise durch kleine Märsche. Beim „grünen Abitur“, der Jägerprüfung, ist das Erkennen der Jagdsignale für die Probanden Pflicht. „Im Umkehrschluss sind aber nicht alle Bläser Jäger“, stellt Klaus Neesen klar: „Sie haben jedoch zumindest Interesse an der Jagd.“

Nicht nur auf der Jagd, auch bei Feiern und Veranstaltungen sind die Jagdhornbläser gefragt. Foto: Hille
Text: Susanne Menzel
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